Individualsoftware versus Standardsoftware : Was ist der Unterschied?

Individualsoftware oder Standardsoftware? Diese Frage stellen sich viele Unternehmen, wenn sie eine neue Software benötigen. Es ist ein bisschen wie die Entscheidung zwischen: Ein Fertighaus, wie viele andere oder doch eher ein Haus vom Architekten? Wo liegen die Unterschiede zwischen den beiden Möglichkeiten? Wann benötigt man Individualsoftware und wann ist Standardsoftware die bessere Lösung?

Was ist der Unterschied zwischen Standard- und Individualsoftware?

Die Unterschiede zwischen Standard- und Individualsoftware sind vielfältig. Um sie zu verstehen, hilft die Definition der Begriffe:

Was ist eine Standardsoftware?

Standardsoftware ist vergleichbar mit einem Fertighaus. Der Begriff Standardsoftware wird für Softwaresysteme verwendet, die als vorgefertigte Produkte, meist als Lizenzmodell, gekauft oder kostenlos heruntergeladen werden können. Sie verfügen häufig über viele Funktionen sowie Funktionserweiterungen. Allerdings ist diese Form von Software auf die vorgegebenen Möglichkeiten begrenzt.

Beispiele für Standardsoftware

Im Alltag nutzen die meisten Menschen verschiedene Standardsoftwarelösungen, wie Microsoft Office mit Word, Excel oder Power Point. Auch in Unternehmen werden häufig Standardlösungen verwendet. Zum Beispiel viele Standard-CRM-Systeme oder ERP-Lösungen, die nicht individualisiert werden können.

Was ist eine Individualsoftware?

Individualsoftwares, sind individuell an die technischen, organisatorischen und funktionellen Anforderungen des Auftraggebers oder Anwenders angepasste Softwarelösungen. Im Haus-Vergleich also das Architektenhaus. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie sozusagen „maßgeschneidert“ an die Bedürfnisse der Anwender angepasst wurde. Die Softwarelösung wird entweder von den Softwareentwicklern eines Unternehmens selbst oder in den meisten Fällen von einem externen Dienstleister entwickelt beziehungsweise angepasst.

Beispiele für Individualsoftware

Bei Individualsoftware handelt es sich in den meisten Fällen um Unternehmenssoftware. Ein Beispiel dafür wäre eine Customer-Relationship-Management-Lösung, in der der im CRM abgebildete Vertriebsprozess präzise auf den Prozess eines Unternehmens angepasst wird. Hierfür wird der Prozess genau analysiert und in einzelne Schritte zerlegt. Um diese digitalisieren zu können, müssen sie als Anforderungen bzw. User Stories für die Entwicklung dokumentiert werden.

Was sind User Stories?

User Stories sind aus der Perspektive eines Endbenutzers formulierte Anforderungen.

Warum Standardsoftware?

In vielen Bereichen der Unternehmens-IT vertrauen Unternehmen auf Standardsoftware. Also auf Software-Produkte, die für eine große Anzahl an Kunden entwickelt wurden. Der vermeintlich große Vorteil liegt auf der Hand: Als einer von sehr vielen Kunden zahlen Unternehmen nur einen Bruchteil der Entwicklungskosten. Die Variante ist dadurch (kurzfristig) kostengünstiger als die Entwicklung einer maßgeschneiderten Lösung.

64 Prozent der Unternehmen versprechen sich bei der Einführung einer Standard-Lösung günstiger zu einem optimierten Kundenmanagement zu kommen. Das hat die Studie „CRM-Report 2020: Das Potenzial der Digitalisierung“ von BÖCKER ZIEMEN Customer Insight Consultants und ADITO herausgefunden. Ebenso wichtig schätzen Unternehmen außerdem die schnellere Projektumsetzung ein. Über die Hälfte der Befragten sehen den Vorteil von Standard-Lösungen zudem auch im Profitieren von „Best Practices“ von anderen Unternehmen.

CRM Studie 2022

Probleme bei einer hohen Standardisierung der Software

Im Bereich von CRM und Software für Marketing, Vertrieb und Service arbeiten Standard-Lösungen mit Funktionen, die für viele Unternehmen größtenteils passen. Allerdings können dabei spezielle Anforderungen und Geschäftsabläufe oft nicht zu 100 Prozent abgebildet werden. Bevor Sie mit einer Standard-Lösung Kompromisse eingehen, sollten Sie sich fragen, ob es nicht diese unternehmenseigenen Prozesse sind, die Ihr Unternehmen bisher einzigartig gemacht haben und maßgeblich zum Unternehmenserfolg beigetragen haben.

Ein großes Problem der Einführung einer Standard-Lösung liegt laut dem CRM-Report 2020 darin, dass Unternehmen sich weniger vom Wettbewerb differenzieren können und ihre Wettbewerbsfähigkeit darunter leidet.

Vor- und Nachteile der Standard-Software auf einen Blick:

VorteileNachteile
  • Kostengünstigere Projektumsetzung
  • Unzureichend abgebildete Geschäftsprozesse
  • Schnellere Software-Einführung
  • Keine Differenzierung vom Wettbewerb
  • Profitieren von Best Practices
  • Kaum Flexibilität

Vorteile von Individualsoftware

Der größte Vorteil einer Individual-Lösung liegt in der adäquaten Abbildung von Geschäftsprozessen – auch im Hinblick an künftige Anforderungen. Die CRM-Studie 2020 zeigt, dass 71 Prozent hier das stärkste Argument für eine individuelle Lösung sehen. Die eigene Unternehmensstrategie und Vision können schließlich nicht über eine Standard-Software abgebildet werden, ohne an Individualität zu verlieren.

Außerdem verspricht sich knapp die Hälfte der Befragten einen Wettbewerbsvorteil durch die Differenzierung vom Wettbewerb.

Nachteile individuell angepasster Software

Hinter einer Individual-Lösung steckt Aufwand: die Software wird maßgeschneidert an Ihre Unternehmens-Bedürfnisse angepasst. Der Entwicklungsprozess nimmt damit mehr Zeit in Anspruch als die Einführung einer bereits vorhanden Standardsoftware. Ein Nachteil von Individualsoftware ist zudem, dass die Software, um auf dem neuesten Stand zu bleiben, aktiv geupdatet und gewartet werden muss, während bei Standardlösungen Updates häufig automatisch vom Hersteller veröffentlicht und durchgeführt werden.

Nicht zuletzt spielt auch der Kostenfaktor von Individual-Lösungen eine wichtige Rolle. Die Umsetzung von speziellen Anforderungen, die auf das jeweilige Unternehmen angepasst sind, erfordert dementsprechend hohe Entwicklungskosten.

Vor- und Nachteile der Individualsoftware auf einen Blick

VorteileNachteile
  • Differenzierung vom Wettbewerb
  • Zeitintensiver Entwicklungsprozess
  • Ideale Abbildung von Geschäftsprozessen
  • Ressourcenintensiv
  • Adäquate Abbildung künftiger Anforderungen
  • Verlust von Release-Fähigkeit

 

Was ist besser: Standardsoftware oder Individualsoftware?

Beide Varianten haben ihre Vorteile und Einsatzbereiche. Beispielsweise müssen Sie für ein Textverarbeitungsprogramm nicht das Rad neu erfinden. Für die meisten Unternehmen sind die Funktionen von Microsoft Word für die Textverarbeitung vollkommen ausreichend. Sollen jedoch firmeneigene Prozesse abgebildet werden, ist es sinnvoll über Individualsoftware nachzudenken. Zudem gibt es eine weitere Möglichkeit, die das Beste aus beiden Welten vereint: individualisierbare Standardsoftware.

Sie bietet sowohl die Vorteile von Individual- als auch von Standardsoftware. Best Practice Standardprozesse werden dabei um individuelle Anforderungen des Unternehmens erweitert und werden durch die Release-Fähigkeit nachhaltig konzipiert. Damit lassen sich unternehmenskritische Prozesse zeit- und kosteneffizient abbilden.

Der CRM-Report 2022 zeigt, dass sich der Trend zu flexibel individualisierbaren Standardlösungen weiter fortsetzt. 96 % der Befragten geben an, dass flexibel individualisierbare Standardplattformen die optimale CRM-Lösung sind. Auch wenn im vergangenen Jahr neue, einfache und schnell einsetzbare Standardlösungen auf dem Markt erschienen sind, fehlen vielen Unternehmen dabei die notwendigen Anpassungen auf ihre individuellen Anforderungen.

Individualisierbare Standardsoftware Spezielle Branchenlösungen können im zweiten Schritt bereits einen großen Teil der geforderten Prozesse abbilden. Unternehmensspezifische Besonderheiten kommen über individuelle Anpassungen ins CRM. So profitieren Unternehmen von einer schnellen Einführung von Standard- und Branchen-Modulen und einer passgenauen Lösung.

Vernetzung ist entscheidend für den CRM-Erfolg

Auch die Vernetzung der CRM-Lösung zur restlichen IT-Landschaft im Unternehmen ist entscheidend. Bei vielen Unternehmen liegt genau hier noch Potenzial: 23 % der Befragten der CRM-Studie 2022 geben an, dass die größte Herausforderung bei der Implementierung eines CRM-Systems fehlende Schnittstellen zu anderen Systemen ist.

Viele CRM-Lösungen bieten zwar im Standard bereits Schnittstellen zu anderen IT-Systemen. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass bei fast jedem Unternehmen dennoch zusätzliche individuelle Anpassungen für eine optimale Umsetzung der CRM-Strategie notwendig sind. Denn in der Praxis bringt eine über die Jahre gewachsene IT-Landschaft oft ihre Eigenheiten mit: Teilweise veraltete Systeme werden erst nach und nach erneuert. Standard-Konnektoren geraten da schnell an ihre Grenzen. Hier haben sich eine flexible, offene Lösung und ein modularer Aufbau bewährt.

Wie Sie von beiden Ansätzen profitieren

Unternehmen verändern sich heute schnell – ebenso schnell müssen sich Software-Lösungen weiterentwickeln, um mit den Anforderungen mitzuhalten. Nur so bleibt ein Unternehmen wettbewerbsfähig und kann Innovationen schnell auf den Markt bringen. Das Risiko, dass Eigenentwicklungen und sehr stark individualisierte Lösungen mit Release-Fähigkeit zu kämpfen haben, können Sie mit einer Plattform umgehen, die im Standard Grundfunktionalitäten mitbringt und sich dennoch flexibel weiterentwickeln lässt.

Um rasch reagieren zu können, sollten Sie auf eine flexibel individualisierbare Standardlösung setzen. Standard-Module bieten für CRM häufig schon Grundfunktionalitäten wie etwa für die Abläufe in Vertrieb, Marketing und Service. Durch die Individualisierbarkeit können diese noch exakt an die tatsächlichen Prozesse angepasst werden und das CRM mit der bereits vorhandenen IT-Infrastruktur vernetzt werden. So gewinnt Ihr Unternehmen an Reaktionsschnelligkeit.

Wie Sie mit Low Code noch mehr aus individualisierbaren Standardplattformen herausholen

Der größte Nachteil von Individualisierungen ist der hohe Kostenfaktor. Sie kosten Geld und Zeit. Es gibt jedoch eine Möglichkeit noch mehr aus individualisierbaren Standardplattformen herauszuholen. Das Stichwort lautet: Low Code.

Low Code-Entwicklung ermöglicht die vereinfachte Erstellung oder Anpassung von Anwendungen und Apps ohne explizite Programmierkenntnisse. Klassische, textbasierte Programmiersprache wird beim Low Code weitgehend von grafischen Elementen ersetzt.

Das bedeutet zum einen, dass Sie durch grafische Benutzeroberflächen in Low-Code-Plattformen selbst Anpassungen an der Software vornehmen können. Dies kann auch nützlich für professionelle Softwareentwickler sein. Diese sparen sich durch vorkonfigurierte, Module, Komponenten und Funktionalitäten Zeit bei der Entwicklung.

Zusammenfassend bedeutet dies, dass Sie mit individualisierbaren Standardlösungen sowohl die Vorteile von Individualsoftware als auch die von Standardsoftware nutzen können. Zudem können Sie durch Low Code zusätzlich Zeit und Kosten einsparen.

Fazit

Standardlösungen bieten die größtmögliche Kosteneffizienz. Jedoch kann Standardsoftware Ihre Prozesse und Bedürfnisse nie so genau treffen wie eine maßgeschneiderte Individuallösung. Nur mit individuellen Lösungen, lassen sich Prozesse exakt abbilden. Das erleichtert die Arbeit mit dem System, verkürzt Einarbeitungszeiten und erhöht die Nutzerakzeptanz. Um die meisten Vorteile aus beiden Softwarevarianten zu ziehen, sollten Sie auf individualisierbare Standardsoftware setzen. Hier können Sie mit Low Code zusätzlich Zeit und Kosten sparen.

Veröffentlicht am 16.07.2020
Aktualisiert am 01.02.2023

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2 Kommentare

  1. Dirk Gollnick

    Vielen Dank für den Artikel. Allerdings enthält der Artikel nichts Neues und kratzt beim diesem Thema nicht mal an der Oberfläche.
    Die Befragung selbst zeigt darüber hinaus, dass selbst 2019 noch Berater und Kunden den Schwerpunkt zu sehr auf das CRM Tool legen.

  2. Tobias Mirwald

    Hallo, vielen Dank für Ihren Kommentar. Der Artikel ist tatsächlich als Einstieg in das Thema gedacht. Die Befragung hat gezeigt, dass viele Unternehmen hier noch am Anfang stehen und das bestätigt auch unsere Erfahrung. Die Entwicklung einer zukunftsfähigen Strategie für das Kundenmanagement, die über das reine CRM-Tool hinausgeht, und eine echte Vernetzung und Transparenz im Unternehmen ermöglicht, wird zu oft noch unterschätzt.
    Gerne tauschen wir uns näher über das Thema aus!

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